Aus TESTAF wird DIN

07.01.2015   

Aus TESTAF wird DIN

Die neue Fliegeruhrennorm DIN 8330

Die Geschichte des Flugwesens ist eng mit der Zeitmesstechnik verbunden. Es hat sogar einen eigenen Uhrentyp, die Fliegeruhren, hervorgebracht. Am Arm getragen waren sie ständige und unverzichtbare Begleiter der rasanten Entwicklung der Fliegerei im 20. Jahrhundert. Noch heute sind sie in manchen historischen Flugzeugen das primäre Zeitmessinstrument; in anderen Fluggeräten dienen sie, auch in Zeiten satellitengestützter Zeitmessung, als Sekundärsysteme.

Allerdings ist aus der ursprünglich durch funktionale und physikalisch-technische Anforderungen charakterisierten „Fliegeruhr“ im Laufe der Zeit ein unscharfer Begriff geworden, mit dem sowohl gewöhnliche Armbanduhren, die einem mehr oder weniger bestimmten Designmuster folgen, als auch anspruchsvollere Armbanduhren mit besonderen technischen Merkmalen belegt werden. Im Unterschied zur Taucheruhr bestand eine geschützte Kennzeichnungsoption, mit der für professionelle Einsatzzwecke ein anwendungsspezifischer Qualitätsstandard sichergestellt werden kann, für Fliegeruhren bislang noch nicht.

Projekt DIN 8330 / Arbeitskreis Fliegeruhren

Auf Initiative von Sinn Spezialuhren GmbH hat das DIN im Sommer 2013 beschlossen, eine neue Norm für Fliegeruhren zu schaffen. Für dieses Projekt wurde im Normenausschuss Feinmechanik und Optik des DIN ein Arbeitskreis „Fliegeruhren“ gegründet, in dem zurzeit folgende namhafte Unternehmen und Institutionen mitarbeiten: Fachhochschule Aachen, Germanischer Lloyd, Sinn Spezialuhren, Laco, Hanhart, Glashütte Original und Stowa. Für die Anwenderseite sind mit Lufthansa Cargo und Airbus Helicopters (vormals Eurocopter) ebenfalls renommierte Konzerne im Arbeitskreis vertreten. Zum Vorsitzenden des Arbeitskreises wurde einstimmig Dr. Martin Hoch gewählt, der auch schon die wissenschaftliche Koordination des TESTAF-Projekts übernommen hatte. Für die Zeit bis zur Fertigstellung der neuen DIN 8330 sind zwei Jahre veranschlagt.

TESTAF als Grundlage von DIN 8330

Grundlage der neuen Fliegeruhrennorm ist der gemeinsam vom Fachbereich Luft- und Raumfahrttechnik der FH Aachen, einer der renommiertesten Ausbildungsstätten für Luft- und Raumfahrtingenieure in Europa, unter Federführung von Herrn Prof. Dr.-Ing. Frank Janser und von Sinn Spezialuhren GmbH entwickelte „Technische Standard Fliegeruhren“ (www.testaf.org). Unterstützt wurde das mehrjährige Forschungsprojekt u.a. von Eurocopter (seit Januar 2014: Airbus Helicopters), der Fachzeitschrift „Uhren-Magazin“, der ADAC Luftfahrttechnik sowie zahlreichen weiteren Experten. Der TESTAF wurde 2012 von der FH Aachen als wissenschaftliche Publikation veröffentlicht und bei Eurocopter in Donauwörth der Öffentlichkeit vorgestellt.

Der TESTAF

Mit dem TESTAF sollte der Begriff der Fliegeruhr wieder auf seinen Ursprung als eine mit speziellen funktionalen und technischen Merkmalen ausgestattete Uhr zurückgeführt werden. Der TESTAF stellt den ersten detaillierten und ingenieurwissenschaftlich begründeten Anforderungs- und Prüfkatalog für Fliegerarmbanduhren im institutionellen, professionellen und zivilen Flugbetrieb (sowohl für den Sicht- als auch für den Instrumentenflug) dar. Mit dem TESTAF wird der kompromisslos hohe Anspruch, der an die Ausrüstung von Flugzeugen und Hubschraubern gestellt wird, auf Armbanduhren übertragen. Durch die Einhaltung des TESTAF wird sichergestellt,

  • dass eine Armband-Fliegeruhr die in Fluggeräten vorgeschriebenen Zeitmessvorrichtungen im Stör-/Schadensfall vollumfänglich ersetzen kann,
  • dass sie von den physikalischen Belastungen des Flugbetriebs nicht beeinträchtigt wird,
  • dass sie kein Gefährdungspotenzial darstellt und
  • dass sie mit den Bordinstrumenten eines Fluggeräts kompatibel ist.

DIN-Institution und -Uhrennormen

Einer der bekanntesten Qualitätsstandards im genannten Sinne ist die DIN-Norm. Das Deutsche Institut für Normung (DIN) leistet einen wesentlichen Beitrag zum weltweiten Erfolg deutscher Technologie und Ingenieurskunst. Als zentrale Institution koordiniert es die Entwicklung von Normen für Produkte, Prozesse und Dienstleistungen. Zahlreiche DIN-Normen sind in europäische oder internationale Normen übernommen worden; aber auch die „DIN-Norm“ selbst ist zu einem internationalen Qualitätsstandard von höchstem Ansehen geworden.

Im Uhrenbereich regeln die bekanntesten DIN-Normen unter anderem Wasserdichtig-, Stoß- und Schlagfestigkeit sowie die antimagnetischen Eigenschaften von Uhren, die Anforderungen an Taucheruhren sowie die Ganggenaugkeit von Chronometern. Diese Normen haben sich seit Jahrzehnten bewährt und sind zu einer Erfolgsgeschichte der deutschen Uhrenindustrie geworden; sie finden Anerkennung und Anwendung weit über Deutschland hinaus.

Ziel der DIN 8330

Die Schaffung der neuen DIN-Norm 8330 „Fliegeruhren“ soll, analog zur bekannten DIN-Taucheruhrennorm 8306, funktional anspruchsvolle, sichere und zuverlässige Fliegeruhren ermöglichen. Gleichzeitig wird dadurch auch der deutschen technologie-orientierten Uhrenindustrie ein wichtiger neuer Impuls gegeben, um die Entwicklung technisch anspruchsvoller Uhren weiter voranzubringen und ihre internationale Spitzenstellung weiter auszubauen.